Wieder einmal den Tod bekämpft

Der 15. Juni 2021 wird den wenigsten im Gedächtnis bleiben, denn es war für die meisten ein ganz normaler Dienstag, so wie jede Woche. Alltag eben; aufstehen, Kinder in den Kindergarten oder in die Schule bringen, Essen kochen, den Haushalt schmeißen, play dates vereinbaren, Fußball Training oder Gitarrenunterricht. Was soll an diesem Tag besonders sein?

Für uns als Familie wird dieser Tag immer ein besonderer bleiben. Es war der Tag, an dem Toni wieder einmal den Tod bekämpfte. Ich habe nun zwei Monate gebraucht, um über diesen Tag zu schreiben.

Doch was war passiert?

Toni hatte in der Nacht zuvor Fieber entwickelt und geschrien. Solch ein Schreien, wie wir es noch nie von ihm gehört hatten. Am Dienstagvormittag fuhren wir sofort zum Kinderarzt. Tonis Sauerstoffsättigung und sein Puls waren so schlecht, dass er direkt in die Kinderklinik des Universitätsklinikums Tübingen kam.

Doch was hatte Toni? Warum ging es ihm so schlecht? Gab es Probleme mit seinem kranken Herz? Hatte er vielleicht eine Lungenentzündung? Fragen über Fragen und keine Antworten. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis eine Ärztin ihm auf den Bauch tastete und Tonis Reaktion sah. Dann ging es auf einmal schnell. Es wurde Blut genommen, sein Bauchraum wurde beschallt und mit Schrecken sahen die Ärzte, dass Tonis kompletter Bauchraum mit Säure und giftiger Flüssigkeit befüllt war – der Blinddarm war geplatzt.

So schnell es ging wurde Toni operiert, um sein Leben zu retten.

Die Reaktion und die Worte des Chirurgen nach der Operation waren eindeutig und klar: „Von ihrem Sohn war nicht mehr viel übrig.“ Es war Rettung in letzter Sekunde. Toni kam auf die Intensivstation und erholte sich nur langsam von dieser Diagnose und dem Eingriff.

Für Tage befand ich mich in einem Zustand, den ich mit Worten nicht beschreiben kann. Ich habe funktioniert, aber innerlich war ich gelähmt.

Warum haben wir nichts gemerkt? Warum gab es keine Anzeichen? Warum habe ich nachts nicht den Notruf gewählt? Sich in so einer Situation nicht verrückt zu machen und sich mit Selbstvorwürfen zu bewerfen, ist nicht einfach.

Die Antwort kam von einer sehr erfahrenen Krankenschwester, die zu uns sagte: „Toni hat seit Geburt solch schlimme und viele Schmerzen aushalten müssen, dass sein Schmerzlevel extrem hoch ist. Das kann man mit einem normalen Kind nicht vergleichen. Die Blinddarmentzündung tat ihm sicherlich weh, aber als der Blinddarm dann durchbrach, waren die Schmerzen erst einmal weg. Als dann aber die giftige Flüssigkeit in seinem Bauchraum sich verteilte und seine Organe angriff, erst dann waren es Höllenschmerzen, die seinen Kreislauf zusammenbrechen ließen.

Eines habe ich hieraus gelernt. Sollte Toni jemals wieder solch Schreie von sich geben, wie in der Nacht auf den 15. Juni 2021, dann würde ich nie mehr zögern und sofort den Notarzt rufen.

Aber auch diesen Kampf hat unser Löwe gekämpft und gewonnen.

Unglaublich dankbar, dass Toni immer noch bei uns ist!

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